Sexualtherapie: Gemeinsam Wege zu mehr Intimität und Zufriedenheit finden
In jeder Partnerschaft gibt es Phasen, in denen Fragen zur Sexualität und Intimität aufkommen. Unterschiedliche Bedürfnisse, Lebenswege oder Herausforderungen des Alltags können dabei zu Spannungen führen. Im Rahmen meiner Paarberatung biete ich einen geschützten Raum, um diese Themen offen anzusprechen und Lösungswege zu erarbeiten. In diesem Beitrag beleuchten wir einige zentrale Aspekte, die in einer Sexualtherapie oft zur Sprache kommen.
Inhaltsverzeichnis
- Zuviel Stress: Ausbalancieren von Familie und Job
- Unterschiedliche persönliche Entwicklungen
- Unterschiedliche sexuelle Profile
- Autonomie und Bindung
- Unaufgearbeitete Verletzungen und Konflikte
- Körperliche Veränderungen
- Offenes Reden
- Vorlieben und Fantasien
- Kulturelle Unterschiede
- Fazit
Zuviel Stress: Ausbalancieren von Familie und Job
Diese Situation treffe ich am häufigsten: Beide Partner finden sich abends abgekämpft vom Tag auf dem Sofa wieder. Allenfalls wird noch das Nötigste für Morgen besprochen: Wer holt die Tochter vom Sport ab, wer besorgt die Einkäufe? Und wenn die beiden einmal Zeit und Energie haben, dann klopft der kleine Sohn Samstagmorgen an die Schlafzimmertür.
Intimität braucht Zeit und Raum! Das Paar lernt in den gemeinsamen Sitzungen die Stellschrauben kennen und hinterfragt die Alltagsmuster. Um bei den obigen Beispielen zu bleiben: Ist die Tochter vielleicht (unbemerkt) älter geworden und könnte allein zum Sport gehen? Hat das Paar mittlerweile vielleicht die wirtschaftlichen Möglichkeiten, Hilfe im Haushalt in Anspruch nehmen zu können? Trägt das dritte Ehrenamt wirklich noch positiv zur Lebensbilanz bei oder ist es Zeit, hier und da etwas kürzer zu treten – zu Gunsten der Partnerschaft?
Unterschiedliche persönliche Entwicklungen
Wir alle verändern uns mit den Jahren – zum Glück! Eine zentrale Frage in Partnerschaften ist oft: Wenn das Entwicklungstempo oder die -richtung meines Partners eine andere ist als meine, fühle ich mich noch zu ihm hingezogen? Liegt neben mir im Bett noch die Person, die mich einmal für sich begeistert hat?
Es lohnt sich ein Blick auf die Paargeschichte: Was hat uns am Anfang – vielleicht vor dem Job und den Kindern -ausgezeichnet? Wie haben wir gelebt und was hat uns aneinander begeistert? Vielleicht hat sich ein Partner eine jugendliche Spritzigkeit und Tatenddrang bewahrt, während der andere zu einer „Couch-Potato“ geworden ist. Oder bringt einer der Partner seine bestimmende Art, die im Job von ihm gefordert wird, mit nach Hause und dominiert nun auch seinen Partner, ohne es zu merken?
Das Gemeine an Veränderungen: Sie gehen schleichend vonstatten. Nicht nur körperlich, sondern auch mental und in Bezug auf unser Verhalten. Im Rahmen der Paarberatung werfen wir einen Blick auf das frühere Leben des Paares. Dass beide Partner benennen, was es früher einmal gab und was heute fehlt, hilft oft schon, sich wieder anzunähern.
Unterschiedliche sexuelle Profile
Mit einem „sexuellen Profil“ ist gemeint, wie ein Mensch Sexualität wahrnimmt, lebt und welchen Stellenwert Sexualität für ihn hat. Ist er eher freizügig oder verschlossen beim Ausdrücken und Verbalisieren seiner Lust? Hat er den Drang, neue Dinge auszuprobieren oder sollte lieber alles beim Bewährten bleiben? Ist die Libido, also sein Geschlechtstrieb, eher ausgeprägt oder gering?
Nach meiner Erfahrung ist es gut, diese Punkte im Rahmen einer Paarberatung einmal zu besprechen. Nicht selten finden sich hier Gründe für mangelnde Nähe und Intimität. Kann das Paar die Unterschiede zwischen ihnen so stehen lassen? Kann ein Partner den anderen mitreißen? Fehlt vielleicht Vertrauen und Mut, gemeinsam Neues zu wagen? Was sind die Gründe für Letzteres? Das Paar lernt Kommunikations-Techniken, um genau dieses Vertrauen aufzubauen und damit die Möglichkeit zu schaffen, die Unterschiede zwischen sich sichtbar zu machen und zu besprechen.
Autonomie und Bindung
Um Krisen in einer Partnerschaft zu verstehen ist es oft hilfreich für das Paar, die Entwicklung seiner Beziehung zu betrachten. Von Bedeutung sind dabei die Begriffe „Autonomie“ und „Bindung“, zwischen denen die Partner hin- und herpendeln.
Beide Pole scheinen schwer vereinbar zu sein: Am Pol „Bindung“ droht (im Extrem) der „Ich-Verlust“ („Ich kann nicht machen, was ich will“, „Immer muss ich…“), am Pol „Autonomie“ droht (im Extrem) der „Du-Verlust“ („Ich mache mein Ding – und verliere Dich und uns aus den Augen“).
Die Bewegung zwischen den beiden Polen ist Teil der Paargeschichte und ist in den verschiedenen typischen Phasen einer Beziehung unterschiedlich. Gerade dieses Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz schafft eine Spannung im positiven Sinn: Leidenschaft lebt von der Balance zwischen Vertrautheit und Nähe und dem Wunsch nach Autonomie, Individualität und Distanz. Zu viel Nähe kann die erotische Spannung reduzieren.
Mit dem Paar reflektiere ich, in welcher Phase sich das Paar befindet, welche Auswirkung die aktuelle Phase auf die gemeinsame Intimität hat.
Unaufgearbeitete Verletzungen und Konflikte
Es muss nicht gleich ein Seitensprung sein, den das Paar noch nicht verdaut hat. Auch weniger verletztende Situationen sowie unausgesprochene oder schwelende Dauerkonflikte können das Paar im erotischen Sinne auseinander treiben. Das Paar verbessert in den verschiedenen Sitzungen die Fähigkeit, diese Konflikte anzusprechen und zu lösen (s. Über Konflikte)? Die Kommunikationsübungen führen zu einem Mehr an Gesehenwerden.
Körperliche Veränderungen
Veränderungen sind meist schleichend (ein paar Kilos mehr, ein paar Haare weniger). Aber natürlich gibt es auch Einschnitte und Lebensphasen, in denen sich unser Körper vergleichsweise schnell verändert.
Finde ich meinen Partner/meine Partnerin noch attraktiv? Finde ich mich noch attraktiv? Habe ich Lust und den Willen, mich auf den Weg zu machen, um mich in meinem Körper wohler zu fühlen und Alltagsmuster zu hinterfragen? Nicht im Sinne einer Selbstoptimierung für Andere, sondere im Sinne einer Selbstfürsorge für mich selbst: Gesund, fit, schön – vielleicht in dieser Reihenfolge? Und vielleicht gelingt es dem Paar, über die Dinge, die sich nun einmal nicht ändern lassen, gelassen und offen zu sprechen („Deine Orangenhaut stört mich nicht, es ist Deine selbstwusste Art, die ich sexy finde“, „Die Glatze steht Dir wirklich gut. Wenn Du öfter einen Anzug tragen würdest, dann zieht mich das total an“).
Aber auch Körper- und Mundhygiene gehören manchmal zu den Tabuthemen: Wenn das Küssen oder die Umarmung nicht mehr stattfindet, weil ich den anderen nicht mehr riechen mag, dann hilft es, dies mutig anzusprechen. Oft genug war dies dem Partner gar nicht klar.
Offenes Reden
Dieses Thema passt gut zu den Abschnitten „Kulturelle Unterschiede“ und „Unterschiedliche sexuelle Profile“: Kann jeder Partner seine Bedürfnisse und Wünsche formulieren? Kann er Grenzen benennen? Können wir über Unliebsames, Kritisches sprechen (z.B. die Mundhygiene, körperliche Veränderungen wie Übergewicht,…)?
Viele Paare schaffen die Balance zwischen Alltag und hochwertiger Paarzeit nicht aus eigener Kraft. Es gibt schlicht zu wenig Raum für diese Art von Gespräch. Aber auch der kulturelle bzw. familäre Hintergrund spielt eine Rolle: Wie hat jeder Partner in seiner Herkunftsfamilie gestritten und gesprochen? Offenes Visir oder wurde alles unter den Teppich gekehrt? Das Paar ändert mit meiner Hilfe die Strategie und lernt, sich auszudrücken und auch zuzuhören. Offenheit schafft Vertrauen, Vertrauen schafft Nähe, Nähe schafft Intimität.
Vorlieben und Fantasien
Im Abschnitt „Unterschiedliche persönliche Entwicklung“ haben wir die Frage es schon einmal gestreift: Entwickelt sich das Paar gemeinsam weiter? In die gleiche Richtung? Wie steht es also mit erotischen Vorlieben? Ist das Paar gleichermaßen aufgeschlossen? Wie sind diese neuen Vorlieben überhaupt entstanden? Social Media? Pornokonsum? Erotische Literatur? Durch einen Seitensprung? Und: Kann das Paar sich offen darüber austauschen oder ist einer der Partner vielleicht peinlich berührt? Nicht selten fühlt sich der offenere Partner zurückgewiesen oder „nicht gesehen“, wohingegen der andere sich „überrannt“ und peinlich berührt fühlt. Mit behutsamen Methoden und vor allem viel Humor schaffe ich im Rahmen der Beratung einen Gleichklang, in dem das Paar sich austauschen mag – oft zum ersten Mal. Das von mir entwickelte Pyramidenmodell hilft dabei, Veränderungen langsam und behutsam auszuloten.
Kulturelle Unterschiede
Hiermit ist nicht nur die Kultur eines anderen Landes gemeint, sondern die Kultur einer anderen Familie – das reicht oft schon, um zu merken, dass andere alles anders machen. „Bei uns liefen immer alle nackt herum“, „Ich habe meine Eltern noch nie nackt gesehen“. Man kann sich vorstellen, dass diese Prägung mitunter bestimmt, wie jemand in der Partnerschaft agiert (und reagiert). Dazu kommen noch Glaubenssätze, die Brille also, durch die wir die Realität sehen: „Ich bin zu dünn/dick“, „Ich darf nicht…“, „Das macht man nicht, weil…“. Die Paare erleben es als hilfreich und befreiend, (noch) einmal. über die unterschiedlichen Prägungen zu sprechen.
Fazit
Paar- und Sexualtherapie haben eine große Schnittmenge: Die Kommunikation, das Sichtbarmachen. Alle Paare werten es ausnahmslos als befreiend und Schritt zu Weiterentwicklung, sich im Rahmen einer Paar- und Sexualtherapie neu (oder endlich einmal!) kennenzulernen. Es sei noch einmal betont: Offenheit schafft Vertrauen, Vertrauen schafft Nähe, Nähe schafft Intimität. Fragen Sie mich gerne zu weiteren Informationen – ich freue mich auf Sie!